Pflegegrade verstehen und richtig beantragen

Ein Leitfaden für Angehörige, die sich Unterstützung wünschen

Wenn ein geliebter Mensch zunehmend auf Hilfe angewiesen ist, stellt sich früher oder später die Frage nach einem Pflegegrad. Doch der Weg durch den bürokratischen Dschungel aus Formularen, Begutachtungen und Einstufungskriterien kann überfordernd wirken – besonders, wenn man gleichzeitig noch den Alltag organisieren und emotional stark sein muss.

In diesem Artikel erfährst du, wie Pflegegrade funktionieren, was bei der Antragstellung wichtig ist, wie eine MDK-Begutachtung abläuft – und wo häufige Stolpersteine lauern. Du bekommst außerdem praktische Tipps zur Vorbereitung und Hinweise darauf, welche Unterstützung du auf dem Weg in Anspruch nehmen kannst.

1. Was ist ein Pflegegrad?

Wenn ein Mensch im Alltag regelmäßig auf Hilfe angewiesen ist – sei es bei der Körperpflege, beim Anziehen oder bei der Orientierung –, kann ein Pflegegrad beantragt werden. Pflegegrade sind die Grundlage dafür, ob und in welchem Umfang jemand Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält.

Pflegegrad vs. Pflegestufe – was hat sich geändert?

Bis Ende 2016 wurden Pflegebedürftige in sogenannte Pflegestufen eingeteilt. Seit dem 1. Januar 2017 gelten jedoch die Pflegegrade 1 bis 5. Diese Reform hat vor allem Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen stärker berücksichtigt – also zum Beispiel Menschen mit Demenz. Während Pflegestufen vor allem auf den Zeitaufwand der Pflege abzielten, bewerten Pflegegrade heute den Grad der Selbstständigkeit.

Kurz gesagt: Pflegegrade sind moderner, individueller und orientieren sich daran, wie viel Unterstützung im Alltag nötig ist – nicht nur, wie lange gepflegt wird.

Warum ist ein Pflegegrad wichtig?

Ein Pflegegrad ist weit mehr als nur eine formale Einstufung – er ist der Schlüssel zu konkreter Unterstützung im Alltag. Wer einen Pflegegrad erhält, hat Anspruch auf finanzielle, organisatorische und praktische Hilfe durch die Pflegeversicherung. Das kann sowohl pflegebedürftigen Menschen selbst als auch ihren Angehörigen eine spürbare Entlastung bringen.

Gerade viele Angehörige übernehmen die Pflege aus Liebe, Pflichtgefühl oder einfach, weil es „niemand sonst tut“ – und stehen dabei oft unter enormem Druck. Ein anerkannter Pflegegrad sorgt dafür, dass dieser Einsatz nicht allein getragen werden muss.

Ein Pflegegrad hilft:

  • die Pflege zu finanzieren, z. B. durch Pflegegeld oder die Kostenübernahme für einen Pflegedienst,

  • Entlastung zu organisieren, etwa durch Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege,

  • den Alltag sicherer zu gestalten, durch Hilfsmittel, Hausnotrufsysteme oder Wohnraumanpassungen,

  • eigene Kräfte zu schonen, durch Angebote wie Alltagsbegleiter, Betreuungspersonen oder Haushaltshilfen,

  • und langfristig eine gute Versorgung zu sichern, auch wenn sich der Gesundheitszustand verändert.

Kurz gesagt: Ein Pflegegrad öffnet die Tür zu Leistungen, auf die du als pflegender Angehöriger sonst keinen Anspruch hättest – und die dir dabei helfen, diese herausfordernde Aufgabe nicht allein zu stemmen.

Zudem ist er oft Voraussetzung für weitere Unterstützungsangebote, wie z. B. bestimmte Beratungsleistungen, Zuschüsse oder Entlastungspauschalen. Je früher der Pflegegrad beantragt wird, desto besser lässt sich der Alltag strukturieren und langfristig planen.

Die fünf Pflegegrade im Überblick:

Pflegegrad

Beschreibung

Typische Situation

1

Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit

Kleine Alltagshilfen, z. B. bei Organisation, Hygiene oder Sicherheit

2

Erhebliche Beeinträchtigung

Regelmäßige Hilfe bei Körperpflege, Ernährung oder Orientierung

3

Schwere Beeinträchtigung

Tägliche, umfassende Unterstützung im Alltag erforderlich

4

Schwerste Beeinträchtigung

Pflege rund um die Uhr, oft bei Demenz oder schweren körperlichen Erkrankungen

5

Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die Pflege

Besonders intensive Betreuung, z. B. bei Bettlägerigkeit oder schweren neurologischen Erkrankungen

Wichtig zu wissen: Auch wer „nur“ leichte Einschränkungen hat, kann einen Antrag stellen. Der Pflegegrad 1 ist zum Beispiel hilfreich, um frühzeitig Entlastungsleistungen zu nutzen.

2. Voraussetzungen für die Einstufung

Ein Pflegegrad wird nicht „einfach so“ vergeben – dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die Pflegekasse prüft im Rahmen eines Gutachtens, ob und in welchem Ausmaß eine Person im Alltag auf Unterstützung angewiesen ist. Entscheidend ist dabei nicht, welche Diagnose vorliegt, sondern wie stark die Selbstständigkeit eingeschränkt ist.

Gerade für Angehörige ist das oft verwirrend – denn viele denken: „Mama ist ja nicht krank, sie ist halt nur sehr vergesslich.“ Doch genau darum geht es: Wie selbstständig ist ein Mensch in seinem Alltag wirklich – körperlich, geistig, emotional?

Wann liegt Pflegebedürftigkeit vor?

Pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung ist eine Person dann, wenn sie:

  • körperlich, geistig oder psychisch eingeschränkt ist,

  • dadurch bei den alltäglichen Verrichtungen regelmäßig Hilfe braucht,

  • und dieser Zustand voraussichtlich länger als sechs Monate andauert.

Das kann zum Beispiel der Fall sein bei:

  • altersbedingtem körperlichem Abbau (z. B. Unsicherheiten beim Gehen, Inkontinenz),

  • neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson oder MS,

  • Demenzerkrankungen (auch in frühen Stadien),

  • psychischen Erkrankungen wie Depression, Angststörungen oder Schizophrenie,

  • oder bei chronischen Krankheiten und stark eingeschränkter Belastbarkeit.

Was zählt zur „Unterstützungsbedürftigkeit“?

Nicht jede kleine Alltagshilfe reicht aus, um einen Pflegegrad zu rechtfertigen. Entscheidend ist der Umfang der Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen – und genau das wird durch ein Punktesystem mit sechs Modulen bewertet. Je mehr Einschränkungen vorhanden sind, desto höher der Pflegegrad.

Die sechs Module im Überblick – mit Beispielen:

  1. Mobilität
    → Kann sich die Person sicher durch die Wohnung bewegen?
    → Braucht sie Hilfe beim Aufstehen, Treppensteigen, Umlagern im Bett?

    Beispiel: Frau B. benötigt beim Aufstehen vom Sessel Unterstützung und kann keine Treppen mehr gehen.

  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
    → Erkennt die Person Personen, Orte und Situationen?
    → Kann sie Entscheidungen treffen, sich verständlich äußern?

    Beispiel: Herr K. fragt wiederholt, wo er ist, und versteht Anweisungen oft falsch.

  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
    → Gibt es nächtliche Unruhe, starke Ängste, depressive Episoden oder aggressive Ausbrüche?

    Beispiel: Frau M. schreit nachts regelmäßig, wirkt verwirrt und lehnt Hilfe ab.

  4. Selbstversorgung
    → Wie gut funktioniert Körperpflege, Anziehen, Essen, Trinken, Toilettengänge?

    Beispiel: Herr T. kann sich nicht mehr selbstständig waschen und zieht sich oft falsch oder gar nicht an.

  5. Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen
    → Nimmt die Person Medikamente richtig ein?
    → Kann sie mit einem Rollator umgehen oder Arzttermine wahrnehmen?

    Beispiel: Frau S. vergisst regelmäßig ihre Herzmedikamente und weiß nicht, wofür sie gedacht sind.

  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
    → Ist die Person in der Lage, den Tag zu strukturieren?
    → Besteht Kontakt zu anderen Menschen?

    Beispiel: Herr D. verbringt den ganzen Tag reglos im Sessel, reagiert kaum auf Ansprache und verlässt die Wohnung nicht mehr.

Wie wird aus diesen Modulen ein Pflegegrad?

Jedes Modul wird im Gutachten des Medizinischen Dienstes mit Punkten bewertet, die dann gewichtete Anteile an der Gesamtsumme ergeben. Je nach erreichter Punktzahl wird dann ein Pflegegrad zwischen 1 und 5 vergeben.

Pflegegrad

Punktebereich

Pflegegrad 1

12,5 – unter 27 Punkte

Pflegegrad 2

27 – unter 47,5 Punkte

Pflegegrad 3

47,5 – unter 70 Punkte

Pflegegrad 4

70 – unter 90 Punkte

Pflegegrad 5

ab 90 Punkte

Wichtig: Die Punktzahl wird nicht allein durch körperliche Pflegebedürftigkeit erreicht. Auch kognitive Einschränkungen wie bei einer Demenz spielen eine große Rolle.

Wer kann einen Pflegegrad beantragen?

Der Antrag kann von der pflegebedürftigen Person selbst gestellt werden – oder von einer bevollmächtigten Person (z. B. Angehörige mit Vollmacht oder gesetzlicher Betreuung). Wichtig ist nur:

  • Die Person ist gesetzlich pflegeversichert (bei privaten Versicherungen läuft es über den medizinischen Dienst von Medicproof).

  • Es besteht eine nachhaltige Einschränkung der Selbstständigkeit, nicht nur eine vorübergehende Erkrankung.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Antrag?

Viele Angehörige stellen den Antrag erst sehr spät – oft, wenn sie bereits an ihre Belastungsgrenzen kommen. Dabei kann ein rechtzeitig gestellter Antrag helfen, frühzeitig Entlastung zu organisieren und präventiv Überforderung vorzubeugen.

Wenn du also feststellst, dass…

  • dein Angehöriger regelmäßig Unterstützung benötigt,

  • du dich als pflegende Person zunehmend gestresst fühlst,

  • oder du dich fragst, „Wie lange schaffe ich das noch?“,

…dann ist es Zeit, sich mit dem Thema Pflegegrad zu beschäftigen.

Tipp: Auch bei geringen Einschränkungen (z. B. beginnende Demenz, leichte Unsicherheiten) kann Pflegegrad 1 bewilligt werden – und dieser öffnet bereits die Tür zu hilfreichen Unterstützungsleistungen.

2. Voraussetzungen für die Einstufung

Ein Pflegegrad wird nicht „einfach so“ vergeben – dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die Pflegekasse prüft im Rahmen eines Gutachtens, ob und in welchem Ausmaß eine Person im Alltag auf Unterstützung angewiesen ist. Entscheidend ist dabei nicht, welche Diagnose vorliegt, sondern wie stark die Selbstständigkeit eingeschränkt ist.

Gerade für Angehörige ist das oft verwirrend – denn viele denken: „Mama ist ja nicht krank, sie ist halt nur sehr vergesslich.“ Doch genau darum geht es: Wie selbstständig ist ein Mensch in seinem Alltag wirklich – körperlich, geistig, emotional?

Wann liegt Pflegebedürftigkeit vor?

Pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung ist eine Person dann, wenn sie:

  • körperlich, geistig oder psychisch eingeschränkt ist,

  • dadurch bei den alltäglichen Verrichtungen regelmäßig Hilfe braucht,

  • und dieser Zustand voraussichtlich länger als sechs Monate andauert.

Das kann zum Beispiel der Fall sein bei:

  • altersbedingtem körperlichem Abbau (z. B. Unsicherheiten beim Gehen, Inkontinenz),

  • neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson oder MS,

  • Demenzerkrankungen (auch in frühen Stadien),

  • psychischen Erkrankungen wie Depression, Angststörungen oder Schizophrenie,

  • oder bei chronischen Krankheiten und stark eingeschränkter Belastbarkeit.

Was zählt zur „Unterstützungsbedürftigkeit“?

Nicht jede kleine Alltagshilfe reicht aus, um einen Pflegegrad zu rechtfertigen. Entscheidend ist der Umfang der Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen – und genau das wird durch ein Punktesystem mit sechs Modulen bewertet. Je mehr Einschränkungen vorhanden sind, desto höher der Pflegegrad.

Die sechs Module im Überblick – mit Beispielen:

  1. Mobilität
    → Kann sich die Person sicher durch die Wohnung bewegen?
    → Braucht sie Hilfe beim Aufstehen, Treppensteigen, Umlagern im Bett?

    Beispiel: Frau B. benötigt beim Aufstehen vom Sessel Unterstützung und kann keine Treppen mehr gehen.

  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
    → Erkennt die Person Personen, Orte und Situationen?
    → Kann sie Entscheidungen treffen, sich verständlich äußern?

    Beispiel: Herr K. fragt wiederholt, wo er ist, und versteht Anweisungen oft falsch.

  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
    → Gibt es nächtliche Unruhe, starke Ängste, depressive Episoden oder aggressive Ausbrüche?

    Beispiel: Frau M. schreit nachts regelmäßig, wirkt verwirrt und lehnt Hilfe ab.

  4. Selbstversorgung
    → Wie gut funktioniert Körperpflege, Anziehen, Essen, Trinken, Toilettengänge?

    Beispiel: Herr T. kann sich nicht mehr selbstständig waschen und zieht sich oft falsch oder gar nicht an.

  5. Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen
    → Nimmt die Person Medikamente richtig ein?
    → Kann sie mit einem Rollator umgehen oder Arzttermine wahrnehmen?

    Beispiel: Frau S. vergisst regelmäßig ihre Herzmedikamente und weiß nicht, wofür sie gedacht sind.

  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
    → Ist die Person in der Lage, den Tag zu strukturieren?
    → Besteht Kontakt zu anderen Menschen?

    Beispiel: Herr D. verbringt den ganzen Tag reglos im Sessel, reagiert kaum auf Ansprache und verlässt die Wohnung nicht mehr.

Wie wird aus diesen Modulen ein Pflegegrad?

Jedes Modul wird im Gutachten des Medizinischen Dienstes mit Punkten bewertet, die dann gewichtete Anteile an der Gesamtsumme ergeben. Je nach erreichter Punktzahl wird dann ein Pflegegrad zwischen 1 und 5 vergeben.

Pflegegrad

Punktebereich

Pflegegrad 1

12,5 – unter 27 Punkte

Pflegegrad 2

27 – unter 47,5 Punkte

Pflegegrad 3

47,5 – unter 70 Punkte

Pflegegrad 4

70 – unter 90 Punkte

Pflegegrad 5

ab 90 Punkte

Wichtig: Die Punktzahl wird nicht allein durch körperliche Pflegebedürftigkeit erreicht. Auch kognitive Einschränkungen wie bei einer Demenz spielen eine große Rolle.

Wer kann einen Pflegegrad beantragen?

Der Antrag kann von der pflegebedürftigen Person selbst gestellt werden – oder von einer bevollmächtigten Person (z. B. Angehörige mit Vollmacht oder gesetzlicher Betreuung). Wichtig ist nur:

  • Die Person ist gesetzlich pflegeversichert (bei privaten Versicherungen läuft es über den medizinischen Dienst von Medicproof).

  • Es besteht eine nachhaltige Einschränkung der Selbstständigkeit, nicht nur eine vorübergehende Erkrankung.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Antrag?

Viele Angehörige stellen den Antrag erst sehr spät – oft, wenn sie bereits an ihre Belastungsgrenzen kommen. Dabei kann ein rechtzeitig gestellter Antrag helfen, frühzeitig Entlastung zu organisieren und präventiv Überforderung vorzubeugen.

Wenn du also feststellst, dass…

  • dein Angehöriger regelmäßig Unterstützung benötigt,

  • du dich als pflegende Person zunehmend gestresst fühlst,

  • oder du dich fragst, „Wie lange schaffe ich das noch?“,

…dann ist es Zeit, sich mit dem Thema Pflegegrad zu beschäftigen.

Tipp: Auch bei geringen Einschränkungen (z. B. beginnende Demenz, leichte Unsicherheiten) kann Pflegegrad 1 bewilligt werden – und dieser öffnet bereits die Tür zu hilfreichen Unterstützungsleistungen.

3. Der Weg zum Pflegegrad: Antragstellung

Wenn klar wird, dass ein Mensch dauerhaft Hilfe im Alltag braucht, ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem Pflegegrad die formale Antragstellung. Viele Angehörige wissen jedoch nicht, wie und wo man beginnt – oder haben Angst vor dem bürokratischen Aufwand. Aber keine Sorge: Der Antrag ist nicht kompliziert, wenn man weiß, worauf es ankommt.

Wo stelle ich den Antrag?

Der Antrag wird bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person gestellt. Diese ist in der Regel bei der gleichen Krankenkasse angesiedelt – zum Beispiel:

  • AOK Pflegekasse

  • DAK-Pflegekasse

  • Barmer Pflegekasse

  • oder die Pflegekasse einer privaten Versicherung (über Medicproof)

Ein einfacher formloser Brief oder Anruf reicht zunächst aus:

Beispiel für ein Schreiben:
„Hiermit beantrage ich Leistungen aus der Pflegeversicherung für [Name, Geburtsdatum, Versichertennummer]. Bitte senden Sie mir die notwendigen Unterlagen zur weiteren Bearbeitung zu.“

Viele Pflegekassen bieten auch Online-Formulare oder Antragsformulare zum Download an.

Wer darf den Antrag stellen?

  • Die pflegebedürftige Person selbst

  • Eine bevollmächtigte Person (z. B. Angehörige mit Vollmacht)

  • Ein gesetzlicher Betreuer

  • In Ausnahmefällen: mit schriftlicher Zustimmung oder bei offensichtlicher Notlage auch enge Angehörige

Tipp: Es ist sinnvoll, eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, wenn du den Antrag stellst. Das erleichtert die Kommunikation mit der Pflegekasse später deutlich.

Was passiert nach dem Antrag?

  1. Eingangsbestätigung der Pflegekasse:
    Die Pflegekasse bestätigt schriftlich, dass der Antrag eingegangen ist. Gleichzeitig beauftragt sie den Medizinischen Dienst (MD) (bei gesetzlichen Kassen) oder Medicproof (bei privaten Kassen) mit der Begutachtung.

  2. Termin zur Begutachtung:
    Der Medizinische Dienst meldet sich per Post oder telefonisch, um einen Hausbesuchstermin zu vereinbaren. Dies erfolgt in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach Antragseingang. In dringenden Fällen kann man eine schnellere Begutachtung beantragen.

  3. Gutachten und Entscheidung:
    Nach dem Hausbesuch erstellt der Gutachter ein schriftliches Gutachten. Auf dieser Grundlage entscheidet die Pflegekasse über die Zuteilung eines Pflegegrades – oder lehnt den Antrag ab.

Was sollte man im Vorfeld tun?

Eine gute Vorbereitung kann entscheidend sein. Hier ein paar hilfreiche Tipps:

  • Führe ein Pflegetagebuch: Notiere über 7–10 Tage hinweg, bei welchen Tätigkeiten dein Angehöriger Hilfe benötigt (z. B. Waschen, Ankleiden, Orientierung, Essen).

  • Bereite Unterlagen vor: Ärztliche Berichte, Medikamentenpläne, Reha- oder Entlassungsbriefe – all das kann die Einschätzung erleichtern.

  • Notiere auffälliges Verhalten: Auch psychische und kognitive Veränderungen sind wichtig – etwa Unruhe, Vergesslichkeit, nächtliche Orientierungslosigkeit oder Verweigerung von Essen/Hilfe.

  • Sprich mit deinem Angehörigen: Kläre vor dem Besuch des Gutachters, was gesagt werden darf – aber vermeide es, Dinge zu beschönigen.

Achtung: Viele Menschen sind beim Gutachterbesuch besonders bemüht, einen guten Eindruck zu machen – aus Stolz, Unsicherheit oder Angst. Das kann dazu führen, dass der tatsächliche Hilfebedarf unterschätzt wird.

Hilfe von MyCarePath

Bei der Antragstellung und Vorbereitung kann viel schieflaufen – vor allem, wenn Angehörige alles allein stemmen

Wir begleiten nicht den MDK-Termin selbst, da dies rechtlich § 7a SGB XI vorbehalten ist – aber wir helfen dir, dich bestmöglich vorzubereiten, damit der tatsächliche Pflegebedarf korrekt eingeschätzt wird.

4. Der Ablauf der MDK-Begutachtung

Nach der Antragstellung auf einen Pflegegrad ist der nächste wichtige Schritt die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) – bei gesetzlich Versicherten – oder durch Medicproof, wenn es sich um eine private Pflegeversicherung handelt.

Dieser Hausbesuch ist entscheidend dafür, ob – und in welchem Umfang – ein Pflegegrad bewilligt wird. Daher ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein und den Termin ernst zu nehmen, ohne Angst haben zu müssen. Der Gutachter ist nicht dein Gegner – aber er kennt deinen Alltag auch nicht. Es liegt also an dir (und gegebenenfalls deinen Angehörigen), den tatsächlichen Unterstützungsbedarf realistisch darzustellen.

Wer kommt zum Begutachtungstermin?

In der Regel kommt eine medizinisch geschulte Fachkraft (z. B. eine Pflegefachperson oder ein Arzt) zu dir nach Hause oder in die Einrichtung, in der dein Angehöriger lebt. Der Besuch wird vorher schriftlich oder telefonisch angekündigt.

Die Begutachtung dauert etwa 45 bis 90 Minuten – je nach Situation, Gesprächsverlauf und Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person.

Was passiert während der Begutachtung?

Die Begutachtung verläuft meist in lockerer Gesprächsatmosphäre, bei der beobachtet, gefragt und dokumentiert wird. Es geht nicht um eine medizinische Untersuchung, sondern um eine Einschätzung der Alltagsfähigkeiten.

Der Ablauf umfasst typischerweise:

  1. Begrüßung & kurze Einführung

    • Der Gutachter stellt sich vor und erklärt den Ablauf.

    • Du kannst Fragen stellen, wenn dir etwas unklar ist.

  2. Gespräch mit der pflegebedürftigen Person

    • Der Gutachter spricht mit dem Betroffenen, beobachtet Verhalten, Orientierung und Sprache.

    • Fragen zur Selbstständigkeit, zum Tagesablauf, zu Problemen im Alltag.

    • Achtung: Menschen mit Demenz oder Stolz neigen dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen – hier ist deine begleitende Erklärung besonders wichtig.

  3. Befragung der Angehörigen oder Pflegenden

    • Du wirst nach deiner Einschätzung gefragt: Wo braucht dein Angehöriger Hilfe? Wie sieht der Alltag wirklich aus?

    • Auch die emotionale Belastung oder zeitliche Beanspruchung durch die Pflege wird mitberücksichtigt.

  4. Beobachtung einzelner Alltagssituationen

    • Der Gutachter kann einfache Bewegungsabläufe beobachten (z. B. Aufstehen vom Stuhl, Gang zur Toilette, Griff zur Tasse).

    • Auch Kleidung, Körperpflege oder Haushaltsführung können Thema sein.

  5. Dokumentensichtung

    • Wenn vorhanden: ärztliche Berichte, Medikamentenpläne, Rehaunterlagen.

    • Diese Dokumente stützen deine Angaben und helfen beim Verständnis komplexer Krankheitsbilder.

Was solltest du beachten?

1. Keine falsche Scham!

Viele Pflegebedürftige spielen ihre Einschränkungen herunter – aus Scham, Angst oder Stolz. Sag in diesem Fall ruhig ehrlich:

„So wirkt es vielleicht jetzt – aber im Alltag braucht sie/er viel mehr Hilfe.“

2. Nicht auf gute Tage verlassen

Wenn der Tag der Begutachtung ein „guter Tag“ ist, weise darauf hin!

„Heute ist ein guter Moment, aber oft ist die Orientierung stark eingeschränkt.“

3. Sprich offen über Belastungen

Auch dein Pflegeaufwand zählt! Du darfst und sollst sagen, wie sehr dich die Pflege zeitlich, emotional und körperlich fordert.

4. Bleib bei den Fakten – keine Übertreibung, keine Verharmlosung

Eine ehrliche, realistische Darstellung des Alltags hilft am meisten.

Was passiert nach dem Termin?

Der Gutachter erstellt ein schriftliches Gutachten, in dem alle Beobachtungen und Bewertungen zusammengefasst sind. Dieses Gutachten geht an die Pflegekasse, die auf Grundlage der Punktzahl über den Pflegegrad entscheidet.

Du erhältst:

  • einen Bescheid der Pflegekasse, in dem der Pflegegrad (oder eine Ablehnung) genannt wird,

  • und auf Wunsch eine Kopie des Gutachtens (diese kann sehr aufschlussreich sein – bei Unklarheiten lohnt es sich, sie gemeinsam zu besprechen).

Wichtig: Wenn du mit dem Ergebnis nicht einverstanden bist, kannst du Widerspruch einlegen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen nach einem Widerspruch doch noch ein höherer Pflegegrad bewilligt wurde.

Wie kann MyCarePath dich hier unterstützen?

Wir wissen: Die MDK-Begutachtung kann emotional herausfordernd sein. Deshalb bieten wir dir an:

eine strukturierte Vorbereitung auf das Begutachtungsgespräch
Tipps zur realistischen Darstellung des Pflegebedarfs
Vorlagen und Checklisten

Wir bieten keine direkte Begleitung zum MDK-Termin, da das rechtlich unter § 7a SGB XI fällt.
Aber: Wir bereiten dich so gut vor, dass du selbstbewusst und gut informiert in das Gespräch gehen kannst.

5. Typische Fehler und Fallstricke – und wie du sie vermeidest

Die MDK-Begutachtung ist ein entscheidender Moment – aber viele Angehörige und Betroffene machen unbewusst Fehler, die zu einer falschen Einschätzung des Pflegebedarfs führen können. Das Resultat: Der Pflegegrad fällt niedriger aus als eigentlich gerechtfertigt – oder wird sogar ganz abgelehnt.

Damit dir das nicht passiert, findest du hier die häufigsten Stolpersteine und wie du sie umgehen kannst:

1. „Das macht sie/er doch noch ganz gut!“

Viele Betroffene sind stolz und wollen zeigen, dass sie noch selbstständig sind – besonders im Beisein von Fremden. Das ist menschlich, aber problematisch: Der Gutachter sieht nur einen Moment im Alltag – und dieser Moment ist nicht immer repräsentativ.

Besser: Ehrlich und sachlich ergänzen:
„Heute geht es ihr besser. Aber an den meisten Tagen braucht sie Hilfe beim Waschen und Anziehen.“

2. Hilfe wird als Selbstständigkeit dargestellt

Ein häufiger Denkfehler: Wenn ein Angehöriger etwas gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen macht (z. B. beim Duschen hilft), wird es oft als „selbstständig“ beschrieben – obwohl dabei tatsächlich dauerhafte Unterstützung notwendig ist.

Besser: Realistisch beschreiben, wie viel Hilfe wirklich erforderlich ist – z. B. „Ohne meine Hilfe würde sie stürzen.“

3. Psychische oder kognitive Probleme werden nicht erwähnt

Verhaltensauffälligkeiten, Desorientierung oder Vergesslichkeit wirken oft wie „weiche“ Probleme – und werden aus Scham oder Hilflosigkeit verschwiegen. Doch gerade diese Faktoren sind wichtig für die Einstufung!

Besser: Auch unangenehme Themen ansprechen – z. B. nächtliche Unruhe, Aggressionen, depressive Rückzüge oder Realitätsverlust.

4. Belastung der pflegenden Angehörigen wird unterschätzt

Viele Angehörige stellen ihre eigenen Bedürfnisse zurück – und tun sich schwer, offen über ihre Überforderung zu sprechen. Doch: Auch dein Aufwand zählt!

Besser: Klar und ehrlich beschreiben, wie zeitintensiv die Pflege ist und was sie emotional mit dir macht.

5. Keine Vorbereitung auf den Termin

Wer unvorbereitet in die Begutachtung geht, übersieht oft wichtige Aspekte – oder lässt sich von der Situation überrollen. Auch Unsicherheiten im Gespräch führen oft dazu, dass relevante Probleme nicht zur Sprache kommen.

Besser:

  • Vorab ein Pflegetagebuch führen (mindestens 7 Tage)

  • Wichtige Unterlagen bereitlegen

  • Situationen notieren, die im Alltag regelmäßig schwierig sind

  • Ggf. stichpunktartig einen kleinen Spickzettel anlegen

Bonus-Tipp: Nicht „funktionieren“, wenn der Gutachter da ist!

Viele Pflegebedürftige mobilisieren beim Hausbesuch ihre letzten Kräfte, um sich „zusammenzureißen“. Sie wollen sich nicht schwach zeigen – oder verstehen den Anlass des Besuchs nicht richtig. Das kann dazu führen, dass sie viel zu mobil oder orientiert wirken.

Besser: Offen darauf hinweisen:
„Das ist heute wirklich ein Ausnahmetag – sie wirkt gerade viel klarer als sonst.“

Fazit:

Die MDK-Begutachtung ist kein Test, den man bestehen muss – sondern eine Momentaufnahme, die helfen soll, den realen Pflegebedarf korrekt einzuschätzen. Je offener, klarer und realistischer ihr Alltag dargestellt wird, desto eher wird der passende Pflegegrad bewilligt.

Mit guter Vorbereitung, einem Pflegetagebuch und ehrlicher Kommunikation kannst du viele dieser Stolperfallen vermeiden – und deinem Angehörigen die Unterstützung sichern, die wirklich nötig ist.

6. Unterstützung auf dem Weg

Der Weg zum Pflegegrad kann für viele Angehörige eine emotionale und organisatorische Herausforderung sein – besonders, wenn man neben der Pflege auch noch Beruf, Familie und eigene Bedürfnisse unter einen Hut bringen muss. Niemand muss diesen Weg allein gehen. Es gibt zahlreiche Stellen, die dich unterstützen können – sei es bei der Antragstellung, der Vorbereitung auf die Begutachtung oder bei Unsicherheiten nach dem Bescheid.

Wo finde ich Hilfe?

Pflegestützpunkte

Pflegestützpunkte sind unabhängige Beratungsstellen der Pflegekassen. Sie helfen dir kostenlos bei:

  • der Antragstellung,

  • der Vorbereitung auf die Begutachtung,

  • allgemeinen Fragen zur Pflegeversicherung.

Du findest den nächsten Pflegestützpunkt über die Webseite deiner Krankenkasse oder unter:
www.pflegestuetzpunkte.de

Hausärztinnen und Fachärztinnen

Gerade bei komplexen Erkrankungen kann ein ärztliches Attest den Pflegebedarf besser belegen. Ärzte können:

  • schriftlich darlegen, welche Einschränkungen bestehen,

  • bei kognitiven Problemen (z. B. Demenz) eine Einschätzung zur Orientierung oder Selbstständigkeit geben.

Sozialdienste von Kliniken und Reha-Einrichtungen

Wenn dein Angehöriger kürzlich im Krankenhaus oder in der Reha war, kann der Sozialdienst:

  • bereits eine Einschätzung geben,

  • beim Antrag helfen,

  • Unterlagen für die Begutachtung bereitstellen.

Pflegeberater*innen der Kassen

Jede Pflegekasse bietet eigene Berater an, die telefonisch oder persönlich Fragen beantworten. Sie können:

  • erklären, welche Leistungen zu welchem Pflegegrad gehören,

  • dir bei Unsicherheiten nach dem Bescheid weiterhelfen.

Tipp: Achte darauf, dass die Beratung unabhängig ist. Du kannst dir auch bei einer anderen Pflegekasse oder Organisation eine Zweitmeinung einholen, wenn du unsicher bist.

Selbsthilfegruppen und Foren

Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen kann sehr hilfreich sein – emotional wie praktisch. In Foren oder Gruppen bekommst du:

  • konkrete Erfahrungswerte,

  • Tipps, wie andere den MDK-Termin erlebt haben,

  • das Gefühl: „Ich bin nicht allein damit.“

Beispiele:

Nach dem Bescheid: Was tun, wenn der Pflegegrad abgelehnt wird?

Auch wenn du dich gut vorbereitet hast, kann es passieren, dass der Pflegegrad abgelehnt wird – oder niedriger ausfällt, als du es für angemessen hältst. Das ist ärgerlich, aber kein Grund zur Resignation.

Du kannst:

  • Widerspruch einlegen (innerhalb eines Monats nach Bescheiderhalt),

  • eine Kopie des Gutachtens anfordern, um die Entscheidung besser zu verstehen,

  • ärztliche oder pflegerische Stellungnahmen nachreichen,

  • eine Zweitbegutachtung beantragen, wenn du grobe Fehler vermutest.

Wichtig: Ein abgelehnter Antrag bedeutet nicht das Ende, sondern oft nur einen neuen Anlauf – mit mehr Informationen und gezielterer Vorbereitung.

Pflegebedürftigkeit ist keine Schwäche – und Unterstützung zu beantragen, ist ein Zeichen von Verantwortung. Der Weg zum Pflegegrad ist manchmal steinig, aber mit den richtigen Informationen und etwas Geduld gut zu bewältigen. Hol dir Hilfe, wenn du sie brauchst – und lass dich nicht entmutigen, wenn nicht alles sofort klappt.

7. Fazit: Gut vorbereitet ist halb gewonnen

Einen Pflegegrad zu beantragen, kann zunächst wie eine bürokratische Hürde wirken – doch es ist ein wichtiger Schritt, um sich selbst und den pflegebedürftigen Menschen dauerhaft zu entlasten. Pflege kostet Kraft – körperlich, emotional und organisatorisch. Wer sich frühzeitig informiert und Unterstützung einholt, kann den Pflegealltag besser strukturieren und langfristig bewältigen.

Wichtig ist, den tatsächlichen Hilfebedarf realistisch darzustellen, sich nicht zu scheuen, über Einschränkungen zu sprechen, und den Gutachterbesuch gut vorzubereiten. Ein Pflegetagebuch, ärztliche Unterlagen und der Mut zur Offenheit können dabei helfen, dass der Pflegegrad dem entspricht, was im Alltag wirklich gebraucht wird.

Und selbst wenn der erste Antrag abgelehnt wird oder der Pflegegrad zu niedrig erscheint: Es gibt immer Möglichkeiten, sich zu wehren, Widerspruch einzulegen und es erneut zu versuchen.

Pflege beginnt nicht mit einem Formular – sondern mit Fürsorge, Verantwortung und dem Wunsch, gut zu begleiten.
Der Pflegegrad hilft dir, diese Begleitung nicht allein stemmen zu müssen.


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Pflegehilfsmittel im Alltag: Was wirklich hilft und wie man sie bekommt

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Wie finanziere ich einen Pflegedienst?